Oper! Das Magazin
by Tomasz Kurianowicz
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Joyce DiDonato ist nicht nur eine der besten Mezzo-Sopranistinnen der Welt, sondern auch eine engagierte Person: Sie kämpft für Schwulenrechte, wirbt für unbekannte Opernwerke und unterstützt junge Künstler beim Durchbruch. OPER! hat sie verraten, warum sie trotzdem an ihrer Arbeit zweifelt, wie schwer die Anfänge waren und was der Preis des Erfolgs ist.

Frau DiDonato, Sie drehen momentan einen Kino-Film in Hamburg über die Sopranistin Florence Foster Jenkins. Die selbsternannte Opernsängerin war eine kuriose Gestalt: Sie lebte im frühen 20. Jahrhundert in New York und konnte sich wegen ihres Geldes in die Kunstwelt mogeln. Obwohl Jenkins über eine schreckliche Stimme verfügte und kein Rhythmus-Gefühl besaß, waren ihre Konzerte große Spektakel. Warum machen Sie diesen Film? Was fasziniert Sie an dieser Frau?

Als ich jung war, habe ich über Jenkins und ihre Stimme wahnsinnig viel gelacht. Aber in dem Filmprojekt geht es nicht so sehr um ihren Gesang, sondern um ihren Charakter. Ich will mehr über ihr Leben erfahren. Schließlich war Jenkins eine außergewöhnliche Frau, die ihre Ziele mit großem Mut und viel Verbissenheit verfolgte. Eigentlich hat sie in ihrer Karriere alles falsch gemacht. Aber das Witzige ist: Wir sitzen heute hier zusammen und unterhalten uns über sie. So irre kann sie also nicht gewesen sein.

Können Sie sich, auch wenn es komisch klingt, mit Jenkins ein wenig identifizieren?

Nein, eigentlich gar nicht. Aber das hat mit ihrem Hintergrund zu tun. Sie kam aus einem sehr reichen Haus und hat ihre Familie hinter sich gelassen, um Sängerin zu werden. Das ist nicht meine Art. Ich mag zwar, dass Jenkins ihre Träume so entschlossen umgesetzt hat, aber mit ihrem Lebensstil, mit ihrer Skrupellosigkeit konnte ich nie etwas anfangen.

Vor Kurzem haben Sie die Oper Great Scott an der Dallas Opera in Texas uraufgeführt. Es geht um eine berühmte Sängerin, die an ihren Heimatort in Texas zurückkehrt, um eine unbekannte Oper von Rossini vorzustellen. Doch die ganze Stadt interessiert sich mehr für die Spiele der lokalen Football-Mannschaft als für die Kunst. Die Protagonistin gerät in eine Schaffenskrise und fragt sich, ob sie ihr Leben richtig gestaltet hat. Man sagt, Sie hätten den Entstehungsprozess begleitet. Wie viel Joyce DiDonato steckt in dieser verzweifelten Kunstfigur?

Ich habe am Anfang ein paar Ideen eingebracht. Jake Heggie, der Komponist der Oper, kam zu mir und sagte, dass er das Projekt unbedingt mit mir machen möchte. Dann wollte er wissen, wie wir es anpacken sollen. Ich war ziemlich überfordert und fragte ihn, ob wir eine Komödie machen können. Ich dachte mir, dass es im Opernbetrieb einfach zu wenig komische Stoffe gibt. Der Schreibprozess, den der Autor Terrence McNally übernommen hat, verlief dann aber ohne mein Zutun. Ich muss zugeben: Als ich das Ergebnis sah, war ich ziemlich überrascht. Es ist ernster geworden, als ich vermutet hatte.

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